10.12.2020

ExSwan Matthias Linortner mit neuen Zielen

Man ist immer stolz wenn jemand aus der Swans Familie auch in einem "neuen" Leben Fuß fassen kann! Deshalb freuen wir uns besonders, dass "Matze" seinen Fans in diesem "Exklusivinterview" Einblicke gibt wie es ihm nach seiner langen Verletzungspause im Nationalteam Austria "3x3 Team Graz" so ergeht, dass sich immerhin als hohes Ziel eine Teilnahme bei den nächsten Olympischen Spielen gesetzt hat!

Matthias, du bist nun wieder voll ins Training eingestiegen. Wie fühlt sich das an nach einem doch langem „Time out“? Gibt es noch Nachholbedarf oder bist du wieder voll fit?
Hallo liebe Eva und hallo an alle Leserinnen und Leser!
Wieder mit Kontakt Basketball zu spielen fühlt sich super an!
Nach ca. neun Monaten intensiven Aufbautrainings, die für mich im Prinzip rückschlagsfrei verlaufen sind, war ich extrem froh, als ich Anfang September für das Kontakttraining freigegeben wurde!
In der ersten Woche fehlte mir trotz vielen Ausdauereinheiten auf dem Rad hier und da die Luft und das schnelle Reagieren in Spielsituationen fiel mir schwerer als gewohnt. Nach wenigen Wochen jedoch merkte ich kaum noch, dass ich neun Monate pausiert hatte und konnte zudem Sachen, an denen ich während der Rekonvaleszenz ohne Kontakt gearbeitet hatte, zum Teil schon sehr gut umsetzen!
Am heutigen Tag würde ich sagen, ich bin so fit, wie man nach einer derartigen Verletzung nur sein kann: ein kleines Ziehen oder Zwicken nach einer intensiven Einheit kommt gelegentlich vor, im großen und ganzen aber geht es meinem „Haxn“ sehr gut!
Großen Dank möchte ich an dieser Stelle nochmals Naima Gaidoschik, die monatelang fast wöchentlich mit mir gearbeitet hat, und Dr. Michael Nöstlinger, der die Knie-OP einwandfrei durchgeführt hat, aussprechen!!! Auch die vielen Genesungswünsche aus der Swans Familie haben mich immer sehr gefreut und motiviert, konsequent weiter zu trainieren!

Du hast dich unter anderem mit der Begründung von uns verabschiedet, dass du dich ab nun auch einmal selbständig organisieren möchtest, abseits der häuslichen Obhut. Wie ist dir das bis jetzt gelungen?
Das sprichwörtliche Stehen auf den eigenen zwei Füßen gelingt mir bislang super. Bereits in den Sommermonaten habe ich mich in Wien eingerichtet. Vieles ist hier anders als in Altmünster, wo ich bis zum Sommer mein ganzes Leben residieren durfte.
Es gefällt mir ausgesprochen gut, mir meinen Tagesablauf innerhalb der gegebenen Trainingszeiten vollständig frei einzuteilen. Weil mit neuen Freiheiten auch neue Verpflichtungen einhergehen, würde ich nicht sagen, dass ich mehr Freizeit – sondern im Gegenteil, eigentlich weniger freie Zeit – habe als zuvor. Bisher habe ich diese neuen Aufgaben denke ich auch ganz gut gemeistert!

Wie schaut so dein normaler Alltag aus?
Wie schon bei den Swans gleicht auch jetzt keine Woche der anderen: Basierend auf dem Trainingsplan für die jeweilige Woche, der gerne mal neun oder zehn Einheiten vorsehen kann, versuche ich, mir diese im Vorhinein einzuteilen. In diesem Sinne bin ich bemüht, zwischen den, für jeden Spieler maßgeschneiderten, Krafteinheiten am Vormittag und den Basketballtrainings am Abend, in denen wir viele Würfe nehmen und verschiedene 1v1, 2v2 und 3x3 Situationen durchspielen, auch für meine universitären Pflichten Zeit zu finden (ich befinde mich in der finalen Phase meines Wirtschaftsrechtsstudiums!) Die Hausarbeit erledige ich meist bei Gelegenheit.
Die Abende nach dem Training halte ich mir so gut es geht frei, um Zeit mit meinen Mitbewohnern oder meiner Freundin zu verbringen, die mich sehr oft in Wien besucht! Andere Freunde sehe ich selten, da ich die Wohnung abgesehen von Trainings und Einkäufen vorsichtshalber (COVID-19) generell nicht allzu oft verlasse. Meine Familie sehe ich dadurch leider auch nicht so oft. Wir sind dafür laufend telefonisch in Kontakt ;)

Ihr seid zur Vorbereitung in Doha / Katar gewesen? Was spielt sich dort ab?
Die zweite Novemberhälfte sind wir der österreichischen Kälte entflohen und haben in Doha trainiert. Über diese zwei Wochen hinweg hatten wir fast täglich zwei intensive Einheiten, mindestens eine davon unter freiem Himmel auf den Außenanlagen des katarischen Verbands.
Weil die Coronasituation dort sehr entspannt ist (unter 300 Neuinfektionen pro Tag bei ca 2 Mio Einwohnern), haben wir unsere Freizeit in Woche zwei auch genutzt, um das Hotel zu verlassen und uns die Stadt und ihr Umfeld ein bisschen anzusehen.
Für mich persönlich war das Trainingslager wie ein Ausflug in eine andere Welt. Die arabische Kultur und Religion, die dort klarerweise omnipräsent sind zum einen und die surreale Umgebung – der Kontrast zwischen modernster Technik und Gebäuden und der kargen Wüstenlandschaft – zum anderen. Das Camp war daher auch abseits vom Court eine großartige Erfahrung!

Ist dein Umstieg von 5x5 auf 3x3 so verlaufen wie du dir das vorstellst? Vermisst du etwas oder ist es ein gelungener Schritt in ein neues Basketball Leben? Was ist anders?
Der Umstieg ist mir relativ leichtgefallen; immerhin spiele ich noch immer mit einem runden Leder und wirf die Kugel in den Korb ;) Die größte Umstellung war es, Outdoor zu spielen, weil der Wind ein großer Faktor sein kann (v.a. beim Distanzwurf). Die Art wie wir trainieren sagt mir sehr zu, auch deshalb, weil das Training mit einem Kader von sechs Spielen bei uns weitaus individueller gestaltet wird, als das beim 5v5 überhaupt möglich ist. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass die Einheiten spielgetreu sind, bspw. im Hinblick auf Trainingsdauer und Art des Kraft- und Athletiktrainings. Auf dem Platz studieren wir jetzt natürlich Spielzüge und Automatismen ein, die auf das 3x3 Basketball zugeschnitten sind. Die Kernelemente (Screens, Reads, Wurf) sind aber gleich wie beim 5v5.
Ganz besonders bei den ersten paar Swans-Partien, die ich live oder vor dem Bildschirm verfolgt habe, hatte ich ein komisches Gefühl… Mittlerweile habe ich ganz klar realisiert, dass sich die Verhältnisse geändert haben! Es gibt durchaus einige Sachen, die ich am 5v5, v.a. an Gmunden vermisse! Da ich mich auch unter meinen Teamkollegen aber sehr wohl fühle, komme ich damit gut zu Recht.

Wie sehr beeinträchtigt Euch „Corona“ in euren Zielen oder könnt ihr euer Programm soweit, so gut abarbeiten?
Wir investieren sehr viel in die COVID Prävention. Genau so wie die BSL Teams unterstehen wir dem allgemeinen Präventionskonzept der Liga. Weit darüber hinaus bemühen sich unser Coach in Kooperation mit dem gesamten Team, alles zu tun bzw. zu unterlassen, was zu einer Infektion führen könnte. Neben weitgehender, freiwilliger Selbstisolation über viele Wochen bedeutet das für uns wöchentliche PCR Tests.
Ohne diese starken Bemühungen wäre es uns wohl nicht erlaubt, unsere Trainingsstätten überhaupt zu nutzen. Klar ist, dass man sich auch auf dem Weg zum Training oder beim Einkaufen anstecken kann. Ich glaube aber, dass wir alles Menschenmögliche tun, um eine COVID-Zwangspause zu vermeiden!

Wie viele Teams Graz wird es geben und wie sind Teams aufgestellt? Damit meine ich wer entscheidet wer mit wem spielt, ist euch das selbst überlassen, wird auch untereinander immer wieder gewechselt?
Es gibt nur ein 3x3 Team Graz. Dass wir in der aktuellen Konstellation über einen 6 Mann Kader verfügen, ist Fluch und Segen zu gleich. Natürlich überwiegt der Vorteil, dass wir so auch im Training 3x3 spielen können, dass einzelne Verletzungen durch andere Spieler kompensiert werden können und dass eine gewisse Konkurrenz in der Mannschaft die Intensität im Training befeuert. Dem gegenüber steht die Bürde unseres Trainers, 4 von den 6 Spielern für ein Turnier zu wählen (für ein 3x3 Turnier können maximal 4 Spieler gemeldet werden). Diese Auswahl wird klarerweise auf Basis der Trainingsleistungen und individueller Stärken und Schwächen zum Wohle der Mannschaft getroffen.
Auf dem Spielfeld haben wir die Taktik vollständig in unserer Hand; es ist beim 3x3 Spielen untersagt, Anweisungen von außen zu erteilen oder entgegenzunehmen. Wechsel, Spielzüge sowie Adaptionen in unserer Spielweise unterliegen daher – anders als im 5v5 – den Spielern selbst.

Es gab ja ein gemeinsames Training mit Jakob Pöltl. Konnte er euch etwas mitgegeben, Tipps, Tricks?
Für das 3x3 eher nicht. Jakob ist ein Spieler, der auf seine Rolle in der besten Basketballliga der Welt zugeschnitten ist. Ohne Zweifel könnte er unserem Team auch im 3x3 viel geben, trotzdem glaube ich, dass er eher ein 5v5 Experte ist. Die Einheit mit ihm war aber sehr erfrischend und eine willkommene Abwechslung für uns, vor allem in einer Zeit, in der hochkarätige Trainingspartner schwer zu bekommen sind!

Was sind jetzt Eure nächsten Schritte? Wie schauen Eure weiteren Pläne aus?
Weil in den Wintermonaten keine Turniere stattfinden, wird es bei uns um die Weihnachtszeit herum etwas ruhiger, was mich persönlich sehr freut, zumal das Programm in dieser Zeit die letzten Jahre extrem straff war! Nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – werden wir in Abstimmung mit unserem Fitnesscoach einen Plan erarbeiten während dieser Zeit unsere Form zu halten und schon Anfang Jänner erfrischt und mit Vollgas die Vorbereitung auf die nächste 3x3 Saison (planmäßiger Beginn: April) angehen.
Das erklärte Ziel für die anstehende Saison sind die Etablierung im 3x3 World–Tour–Zirkus und die Qualifikation für die olympischen Spiele 2021 in Tokio (OQT im Mai in Graz). Bis dahin möchten wir noch viel Turniererfahrung sammeln und als Team wachsen!

Lieber Matze!
Wir wünschen Dir und Deinen Kollegen alles Gute in der Umsetzung Eurer sportlichen Träume, bleibt vor allem gesund und viele Grüße aus Gmunden von deinen Swans und allen Fans!