Der Abschluss des Grunddurchgang war ein guter Grund mit unserem sportlichen Leiter Richard Poiger, angefangen von den Veränderungen im Team, über die Meisterschaft bis hin zum organisatorischen Umbau bei den Raiffeisen Swans Gmunden, ein Interview zu führen.
Vieles ist neu in dieser Saison. Mit den bekannten Abgängen war wahrscheinlich vor allem die Suche nach einem neuen Coach die herausforderndste? Spieler können sich durch Videos, Statistiken und Empfehlungen präsentieren, wie sucht man nach einem neuen Coach?
Die Coachsuche unterscheidet sich hauptsächlich von der Spielersuche insofern, da man Coaches – zumindest hier in Gmunden - nur alle 3 bis 5 Jahre sucht. Daher kennt man den Markt nicht ganz so gut wie den Spielermarkt. Aber man schreibt es genauso auch an die bekannten Agenten aus und natürlich spricht es sich durch die mediale Berichterstattung auch herum, dass eine Coachingposition vakant ist. Nach und nach kommen die Namen potenzieller Kandidaten inklusive deren Lebensläufe herein. Genauso wie bei der letzten Coachsuche war uns die (internationale) Erfahrung als Headcoach zumindest auf dem Level der österreichischen Liga wichtig. Im Hinterkopf war auch, dass wir nicht einen Coach nur für diese Saison suchen, sondern dass es realistisch ist, dass er mehrere Jahre bleibt.
Ich denke es gab etliche „Bewerbungen“. Was gab den Ausschlag Thomas Crab als Head Coach zu engagieren?
Von rund 100 Namen haben wir uns bald auf ca. 10 Anfragen begrenzt, dann telefoniert man, um unser Projekt vorzustellen und aufzuzeigen was uns wichtig ist und wie unsere Struktur aufgebaut ist. Danach haben wir insgesamt 3 Coaches zur Vorstellung eingeladen um die Personen persönlich kennen zu lernen. Involviert waren natürlich vom Vorstand Harry Stelzer, Josef Katzenhofer und Peter Hütter und es gab einen Meinungsaustausch. Natürlich sammeln sich bei mir nahezu alle Informationen, um dann den Entscheidungsprozess voranzutreiben.
Coach Crab hat ja 2 ½ Jahre als Head in Okapi Aalst/Belgien gecoacht, davor Erfahrung als Assistant in Göttingen, Bamberg und Antwerpen gesammelt. Er hat bei seinem Besuch einen sehr guten Eindruck hinterlassen und uns ein gutes Gefühl gegeben, dass er der richtige Coach für Gmunden ist.
Ist der Trainer erstmal gefunden geht es an die Kaderzusammenstellung. Die Athletik genießt eine sehr hohe Priorität, was bei der Kaderzusammenstellung denke ich augenscheinlich ist. Natürlich muss man dann an anderen Ecken etwas Abstriche machen. Wie es sich im Laufe des Sommers rausstellte, mussten wir 6 Positionen neu besetzen.
Die letzten Saisonen konnte man auf viel Spielerroutine im Team setzen, in dieser ist vieles neu. Vor allem zu Beginn lastete viel Verantwortung auf den Schultern von Langzeitkapitän Daniel Friedrich, um eine Mannschaft zu formen. Wie siehst Du seinen Anteil am Gelingen unserer „Mannschaft neu“, kannst Du seine Aufgabe dabei beschreiben?
Bei einem solch enormen Umbruch wie wir ihn im Sommer hatten hilft es enorm, wenn du einen Spieler wie Daniel hast, wobei ich auch Schartmüller, Lohr, Zivanovic und Streitberger miteinschließen möchte. Denn es sind 5 Spieler unter den ersten 10 die schon länger in Gmunden sind. Daniel und Lukas kennen nach so vielen Jahren vor allem die Struktur uns wissen, wie gewissen Dinge ablaufen. Das hilft natürlich der Mannschaft, dem Coach und somit der ganzen Organisation. Als Anführer am Court nimmt Daniel natürlich eine besondere Position ein, darum sind wir froh, dass wir ihn in seiner Pointguard und Kapitän Position halten konnten. Der letzte derartige Umbruch war vor rund 9 Jahren.
So ein Umbruch kann aber sicher auch einige positive Sache bewirken. Es setzt neue Impulse und jeder der Alteingesessenen – egal ob Spieler oder auch im Management muss aus der „Komfortzone“ raus. Es ist ein neuer Entwicklungsschritt, der durch die Veränderungen wieder neue Energie ausgelöst hat.
Richard, der Grunddurchgang neigt sich dem Ende zu. Bist du überrascht, dass wir doch in den „oberen Rängen“ zu finden sind? Bist du zufrieden mit dem bisher gezeigten?
Wir sind von der Erwartungshaltung eher defensiv in die Saison gegangen, was für Gmunden doch eher ungewöhnlich ist. Man war sich bewusst, dass man sich in eine Unsicherheit begibt, wobei das Ziel war zu schauen im Grunddurchgang unter die Top Sechs zu kommen. Man muss dem Team Zeit geben sich einzuspielen, um auf ein gutes Niveau zu kommen. Von den ersten 10 Partien haben wir 2 verloren, einige andere knapp gewonnen. Wenn wir nicht mit 8-2 dagestanden wären hätten wir uns auch nicht beklagen dürfen. So konnten wir uns aber schon frühzeitig in den Top 3 festsetzen. Es war ohnehin nie unser Anspruch nach dem Grunddurchgang erster zu sein. Dass wir uns an Wels bisher „die Zähne ausgebissen“ haben ist bitter, aber man muss sagen Wels hat eine sehr gute Mannschaft. Vorrangig war für uns trotzdem etwas neu aufzubauen und Spielern die Chance zu geben sich zu entwickeln. Der jungen Garde angeführt von Jakob Lohr muss man zugestehen, dass sie unter der Saison noch das ein oder andere Up and Down haben.
Auch wenn es keine Priorität hatte, war unter den Legionären kein Europa-Rookie dabei. Das hilft sicher hinsichtlich Stabilität. Mit Reece, Miller und Cooper haben wir drei Spieler geholt, die in ihre 2. Europasaison gehen. Man kann sie also noch nicht als alte Hasen bezeichnen. Sie haben sicher großes Potenzial, was sie in den nächsten Jahren noch entfalten werden, aber sie haben noch das eine oder andere Jahr, wo sie sich entwickeln werden. Wen sie ihr volles Potenzial schon in jedem Spiel abrufen könnten, würden sie schon in einer größeren Liga spielen. Mit Gydra haben wir einen sehr erfahrenen Spieler hereingebracht. Er kennt die Liga sehr gut, was natürlich von Vorteil ist. Mit Kujundzic haben wir einen jungen Spieler mit an Bord geholt, der die Position als 4. Großer sehr gut erfüllt. Er hat noch viele Entwicklungsjahre vor sich, wo er zeigen kann, was in ihm steckt.
Die jungen Schwäne bekommen immer öfter Gelegenheit sich am Gmundner Parkett zu präsentieren. Wie findest Du Ihre bisherigen Performances, oder ist noch „Luft nach oben“??
Es wäre schlimm, wenn bei jungen Spielern keine Luft mehr nach oben ist, das haben unsere auf jeden Fall. Der oben erwähnte Luka Kujundzic hat gezeigt, wie man sich Minuten verdienen kann. Auch Jakob Lohr hat einen großen Schritt vorwärts gemacht. Wir sind sehr zufrieden mit ihren Einsätzen.
Luka Kujundzic habe ich ja gerade oben erwähnt. Er hat bereits in der win2day BSL mehrmals gezeigt, was in ihm steckt und sich die Spielminuten verdient. Vuk Zivanovic hat am Anfang der Saison ein bisschen Probleme gehabt sich in die ihm zugedachte Rolle einzufinden und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Nach einer Anlaufphase hat er aber auch eine gute Konstanz gefunden. Luis Streitberger hat ebenfalls einen guten Schritt vorwärts gemacht. Er hat in der B2L große Konstanz bewiesen, ist dort quasi der Dauerläufer und auch in der ersten Liga hat er schon einige gute Minuten hingelegt.
Die Upper Austrian Ballers sind eine Einstiegsmöglichkeit für junge Sportler sich in einem professionellen Umfeld auf „Höheres“ vorzubereiten. Wie stehst Du zu diesem Projekt und ihrem bisherigen Verlauf?
Das Projekt finde ich sehr positiv. Ich denke da zuerst an Luis Streitberger der auch über den Sommer einen großen Schritt gemacht hat. Der was den Trainingslevel betrifft schon auf einem ganz anderen Level trainieren kann als letztes Jahr und auch wenn er nicht immer Einsatzzeit in der 1. Bundesliga bekommt, haben die Spieler jede Woche ein Spiel, wo sie auf höherem Niveau performen können und sich beweisen müssen. Sie lernen ein Team zu tragen und Verantwortung zu übernehmen. Die Rolle ist hier natürlich eine ganz andere als im BSL Kader. Vuk Zivanovic hat letztes Jahr gezeigt, wie man sich über die 2. für die 1. Liga empfehlen kann.
In der zweiten Liga sieht man, dass die Spieler auch dort noch auf ihre Grenzen stoßen und es gute und schlechte Spiele gibt. Die Upper Austrian Ballers bieten vor allem den Spielern der U19 Spiele auf Männerniveau und ist eben ein Zwischenschritt der gut aufzeigt, wie weit sie in ihrer Entwicklung sind. Es hält ihnen aber auch einen Spiegel vor, um sich selbst einzuschätzen, wo man spielerisch und mental steht, und was es noch braucht, um Spielminuten in der 1. Liga zu verdienen.
Immer wieder gibt es Kritik aus den Fanreihen, dass der oder jener junge Spieler trotzdem nicht von der Bank spielt, wenn ein „Profi“ nicht die Performance bringt, die man sich von ihm erwartet. Wie erklärst du das dem Publikum?
In der ersten Liga gibt es vieles zu bedenken. Schlussendlich solltest du gewinnen und wenn ein Spiel plus 15 steht und das Spiel augenscheinlich gewonnen ist, muss man erstmal auf den Rhythmus schauen. Es waren schon Spiele augenscheinlich gewonnen und plötzlich schlug der Gegner wieder zurück. Wir fahren derzeit regelmäßig eine 9er Rotation und wo Luis Streitberger als 10. Mann immer wieder Spielzeit bekommt.
Im Laufe der Saison hast du immer Kaderspieler, wo es momentan nicht gut läuft, sie keinen Rhythmus haben oder es an Selbstvertrauen fehlt. Niemand kann über eine ganze Saison konstant on top sein. Wenn dann ein Spiel kommt, wo man gegen Ende hin oder auch schon früher etwas Luft hat, eignen sich diese Minuten auch sehr gut, genau diesen Spielern mehr Minuten zu geben, um wieder Selbstvertrauen zu tanken.
Schlussendlich gibt es viele Aspekte zu beachten, dass waren nur ganz wenige, aber durchaus wichtige.
Mit Peter Hütter hast Du einen ehemaligen Swans Kapitän und nun den neuen Vereinsobmann an Deiner Seite. Das heißt ihr kennt beide die „Kehrseite der Medaille“ als ehemalige Profis. Hilft es, wenn man mit diesen Einblick Führungspositionen übernimmt. Wie gefällt Dir Eure Zusammenarbeit und was soll sich Deiner Meinung nach bei den Raiffeisen Swans Gmunden noch ändern, wo besteht strukturell noch Handlungsbedarf?
Erfahrungen als Spieler und Trainer helfen sicher in der Bewertung von sportlichen Ereignissen und man kann auch sportlich auf einer anderen Ebene reden. Das erleichtert auch die Kommunikation mit Trainern und Spielern.
Die Zusammenarbeit mit Peter funktioniert sehr gut. Er hat ja seit jeher schon im Hintergrund mitgeholfen und war im letzten Jahr dann immer mehr involviert. Er bringt neue Ideen ein und setzt in einigen Bereichen neue Impulse, da er dort sowohl Know-how als auch Fähigkeiten hat, die wir bisher auf Vorstandseben nicht hatten.
Es ist ja schon seit ein paar Jahren klar, dass wir die Organisation mittel- bis langfristig etwas umbauen müssen, um zukunftsfit zu werden. Da war die Übernahme der Obmannschaft von Peter der erste Schritt dazu. Es ist weit weg von selbstverständlich, dass Personen sich solche Positionen mit der entsprechenden Verantwortung umhängen.
Wir haben derzeit rund 150 ehrenamtliche Mitarbeiter und uns ist bewusst, dass es einen riesigen Apparat braucht, um Basketball Gmunden von der Bundesliga über die zweite Liga bis zu allen Hobby- und Nachwuchsklassen am Laufen zu halten. Es ist erfreulich, dass wir mittlerweile immer wieder junge Mitarbeiter gewinnen können. Wir haben zur Zeit 30 Mitarbeiter:innen, die 30 oder jünger sind. Der Ehrenamtsbegriff bzw. die Auslegung der Tätigkeit ist nun mal ein anderer als in älteren Generationen. Daher freut es mich besonders, dass nun die junge Generation hier mit an Bord kommt und wir gemeinsam großes Bewältigen können. Es ist aber auch überlebensnotwendig für einen Verein wie die Raiffeisen Swans Gmunden.
Natürlich wollen wir uns auch in Zukunft weiterentwickeln, was aber wiederum Ressourcen braucht. Wir können nicht davon ausgehen, dass wir in Zukunft mehr Mitarbeiter gewinnen als (meist altersbedingt) verlieren, daher müssen wir effizienter werden. Dies hat viel mit Infrastruktur zu tun, wo wir zu einem großen Teil von den Gegebenheiten abhängig sind.
Das Zuschaueraufkommen nimmt in den vergangenen Jahren auch immer stetig zu, was uns ebenfalls vor Herausforderungen stellt. Beim Derby gegen Wels war es beispielsweise so, dass alle Sitzplatztickets verkauft waren, ohne mit Einladungen gearbeitet zu haben. Das gab es in dieser frühen Phase der Saison noch nie und wir waren da auf dem Niveau von Semifinalspiel 5 im Jahr 2022/23. Das hat uns vor Herausforderungen gestellt, alle Fans zeitgerecht in die Halle zu bringen, wo wir ein Stück weit daran gescheitert sind. Aber es ist natürlich sehr positiv, wenn man an solche Themen arbeiten kann und nicht überlegen muss, wie wir die Halle halbwegs voll bekommen. Ich kann versprechen, dass wir beim nächsten Mal besser gerüstet sein werden.
Auch wenn wir für österreichische Verhältnisse schon sehr gut aufgestellt sind, gibt es sicher in vielen Bereichen noch Verbesserungspotenzial. Hier geht es meist nicht um die Ideen, sondern um die personellen und budgetären Ressourcen diese umzusetzen. Aber wir versuchen hier das Optimum herauszubekommen.
Danke Richi an Dich für Deine Zeit zu diesem Interview!
Eva Franke