Einige von uns kennen Paul Filzmoser natürlich schon länger, jedoch ist er durch seine Tätigkeit als Head Coach der 2. Bundesligamannschaft, den Upper Austrian Ballers, auch in Gmunden mehr in den Fokus gerückt. Daher ist es höchst an der Zeit ihn mit einem Interview besser kennen zu lernen.
Paul, zunächst würde ich Dich ersuchen Dich selbst vorzustellen!
Ich bin 38 Jahre alt, aufgewachsen in Gmunden und in die BEA (Anm.: BRG Schloss Traunsee) zur Schule gegangen. Auf der JKU habe ich Wirtschaftswissenschaften studiert, war beruflich zuerst in Gmunden und dann in Linz. Jetzt bin ich wohnhaft in Altmünster und arbeite wieder in Gmunden bei der GEG Elektro- und Gebäudetechnik, ein treuer Sponsor der Swans, und bin dort zuständig für die internen Prozesse und Abläufe
In meiner Freizeit spiele ich viel Tennis und bin auch im „Nachbarclub“ UTC tätig, ich fahre gerne Rad, bin bei Freunden in Linz und besuche immer wieder Sportveranstaltungen oder Konzerte. Am meisten bin ich wohl in diversen Basketballhallen.
Wie bist Du zum Basketballsport gekommen, hast du selbst einmal gespielt?
Der erste Anknüpfungspunkt war maßgeblich durch meine Schwester. Sie hat früher immer die DSF BBspiele auf Video aufgezeichnet und so durfte ich die Jordan Ära der 90iger miterleben und meine Schwester hat auch selbst gespielt. Außerdem kann ich mich gut an die Sponsoren versus Funktionäre Spiele erinnern, wo auch mein Vater beteiligt war. Ich habe ein bisschen Mini gespielt, war aber mehr in anderen Sportarten unterwegs und habe noch einmal in der U16 und später Landesliga gespielt.
Was hast du bisher an Trainer Erfahrung vorzuweisen?
Ich habe bereits in der Mitte meiner 20er angefangen und 2011 die C/D-Lizenz absolviert. Das war bei den UBBC Giants Vorchdorf, wo mich Sebastian Waser zum Coachen gebracht und darin sehr bestärkt und gefördert hat. 2014 habe ich bereits die Instruktoren Ausbildung gemacht. Zu der Zeit hat sich auch das VKL Vikings Konstrukt gebildet und seitdem habe ich eigentlich alle Altersklassen bis zu der Damen- und der Herren-Landesliga als Head- oder Asst. Coach einmal betreut. 2018/19 bin ich dann nach Wels als Nachwuchskoordinator der Flyers gegangen und habe zwei Saisonen auch die Bundesliga mitunterstützt, 2020 habe ich noch den Trainer Grundkurs absolviert.
Der Aufwand wurde mir dann aber zu viel neben der Arbeit. Nach der Fusion der Flyers mit dem FCN Wels im Nachwuchs habe ich mich dann aus dem Nachwuchsarbeit zurückgezogen. Ab da habe ich dann noch ein bisschen beratend bei der Welser BL und im administrativen Bereich mitgeholfen. Danach habe ich endgültig mit der Basketball Arbeit bis 2024 pausiert.
Wieder zurück im Geschehen mache ich aktuell den A-Lizenz-Kurs.
Nachdem du engagiert im Jugendbereich gearbeitet und auch schon Bundesliga-Luft geschnuppert hast, kann ich mir vorstellen, dass es für Dich sehr reizvoll war das Coaching der Upper Austrian Ballers zu übernehmen?
Richard Poiger und Peter Hütter begannen mir immer öfter in den Ohren zu liegen Gmunden als Coach zu unterstützen, da habe ich im Jänner 2024 dann mit Individualtrainings im Nachwuchs begonnen. Schließlich meinte Richi man könnte einen Zweitliga-Coach brauchen und mit dem Brückenschlag nach Wels war das für mich doch sehr reizvoll.
Wie würdest Du Dich selbst als Trainer bezeichnen?
Beschreiben lasse ich mich am liebsten von anderen, weil Eigen- und Fremdbild doch differieren. Wenn ich meinen Stil beschreiben muss, dann wahrscheinlich sehr analytisch, konzipiert und daher nach außen wirkend sehr, sehr ruhig. Wider den Berichten zufolge, geht es auch in der Halbzeitpause bei mir nur sehr selten rund. Es gibt eine eindringliche Message und ich versuche mit Argumentation Verständnis zu erlangen. Ich glaube das ist das Nachhaltigste.
Ja, wenn ein/e Spieler:in am Spielfeld einen Close-out verschläft könnte es einmal einen kurzen Schrei geben, damit ich wahrgenommen werde und besonders wenn es noch möglich ist die Situation zu lösen. Im Gespräch ist es bei mir aber immer ruhig und sachlich. Wenn es einmal ausbricht, dann hat das auch einen Grund.
Ich finde es ganz wichtig die Vorbildwirkung zu übernehmen, d.h. dass ich pünktlich bin, dass meine Vorbereitung besser ist als die/der Spieler:innen, weil ich das eben vorleben muss, wenn ich das auch vom Team erwarten möchte. Emotional bin ich in Bezug auf unser Abschneiden, unsere Performance und auch was das Leid und die Freuden betrifft, die das Team und die Spieler:innen durchmachen. Ich brauche zuhause oft noch einige Zeit, um das alles zu verarbeiten, was ich wahrgenommen habe, und so äußert sich meine emotionale Bindung zu meinem Team sehr stark und nicht durch emotionales Coachen oder Herumschreien.
Jeder Coach hat seine Philosophie, was sind Deine Prioritäten, die Du von Deinen Spielern erwartest?
Ich habe immer in Entwicklungsprojekten gearbeitet und Spieler:innen weiterentwickelt und das war weniger auf den sportlichen Erfolg ausgerichtet. Meine Philosophie war es immer einfach zu spielen, die wesentlichen nächsten Schritte herauszustreichen und immer wieder diese Elemente zu finden und daran zu arbeiten diese besser zu machen.
Aktuell in der 2. Bundesliga haben wir keine 17 Spielzüge, sondern drei Grundideen und diese versuchen wir über 40 Minuten dem Gegner immer besser aufzudiktieren. So wollen wir nach dem Motto „keep it short and simple“ die Exekution verbessern und steigern, als auch die Effizienz. Indiskutabel ist für mich Einsatz. Ich bin nicht Trainer geworden, um jemandem Motivation und Einsatz anzutrainieren. Wer das nicht hat und auch nach mehrmaliger Ermahnung es nicht schafft das auf das Spielfeld zu bringen, ist bei mir fehl am Platz. Es sollte für Spieler:innen das Größte sein das was trainiert wurde auf das Spielfeld zu bringen.
Dazu erwarte ich mir allgemein Disziplin und weiter einen ordentlichen Umgang mit Teamkolleg:innen, Gegner:innen, Schiedsrichter:innen dem Schiedsgericht und dem Publikum – das ist für mich unverhandelbar.
Ich erwarte mir von allen den bestmöglichen Einsatz in der Defensive und wenn auch offensiv das Erarbeitete passt bzw. die Rolle erfüllt wird, dann hat man bei mir immer ein Argument auf dem Spielfeld zu stehen. Ganz allgemein basiert das Grundkonstrukt auf aggressiver Defense, Tempo und zwei, drei offensiven Elementen, die wir immer wieder suchen.
Unsere Ballers sollen jungen, talentierten Athleten die Chance geben an die höchste Spielklasse herangeführt zu werden. Wie siehst du diesen Weg als Vorbereitung und wie ist die Zusammenarbeit mit Gmunden und Wels?
Diesen Lückenschluss nach der U19 zur Bundesliga finde ich essentiell. Ich finde es sehr gut junge Talente in dieser Form vorzubereiten anstatt in einer Landesliga, da die Ziele ganz anders gesetzt sind und der Fokus ein anderer ist.
Auch die Zusammenarbeit der beiden Vereine finde ich vorbildlich, da es einen Vorteil für die Vereine gibt und eine faire Chance für die Spieler ist. Zu zweit kannst du auch leichter die Quantität und Qualität an Spielern stellen, die dafür in Frage kommen. Es dient auch der Begutachtung der Spieler und zur Förderung deren Selbstvertrauens, denn nichts ist schlimmer als keine Spielzeit als Spieler zu bekommen. Ich freue mich, dass es schon mehrere Vereine gibt, die so arbeiten.
Alles zusammenzuführen fällt mir leichter als ich es erwartet hätte. Zu Saisonbeginn mussten sich die Spieler erst kennenlernen, wir ließen sie sich gegenseitig scouten, um zu verstehen, wer sie sind und welche Typen wir im Team haben. Das machten wir unter anderem mit Workshops und versuchten auch gemeinsam Ziele zu stecken, wer und wo wir sein wollen, damit sich eine gemeinsame Identität bildet. Wir wollen zeigen, dass es eben nicht ein Zweitprojekt ist und dass vereinsübergreifend jeder ein Rädchen in diesem Projekt ist.
Für Dich auch keine einfache Aufgabe, denn im Gegensatz zu anderen Mannschaften der 2. Liga ist pro Woche nur ein gemeinsames Training möglich. Den Rest sind die Spieler in ihren jeweiligen Kadertrainings eingesetzt. Das heißt hier ein Team zu formen ist keine einfache Sache!?
Genau, die Burschen sind in ihren Stammkadern U19 und 1. Bundesliga aktiv und ich versuche das im Training in eine Richtung zu lenken, dass wir am Wochenende im Spiel gut abliefern. Wir hatten bis dato 15 oder 16 Trainings und 12 Spiele und das nicht einmal so unerfolgreich. Zu den Trainings kommt noch die Vorbereitung der Spiele mit Videostudium, Aufarbeitung unserer eigenen Spiele, Vorbereitung auf den Gegner und Erstellung des Scoutingreports. Dazu erhalte ich aber auch großartige Unterstützung von meinem Assistant, Danilo Tepic. Das ist nebenberuflich auch schon wieder ausreichend Arbeit.
Nach einigen meist sehr engen Niederlagen konnte man auch ein paar Siege einfahren. Was hat sich verändert?
In der zweiten Liga sehe ich uns ein bisschen als Chaosstifter, denn wir versuchen mit Tempo, Energie und Einsatz viele Dinge zu lösen. Manch gegnerische Mannschaft kommt mit diesem Chaos entweder sehr gut oder gar nicht zurecht. Das ist aber auch unser Problem, wenn wir so spielen, dass wir lernen müssen uns dann auch wieder selbst einzufangen. Das ist ja eigentlich auch der Grund, warum es dieses Team überhaupt gibt, damit die jungen Spieler lernen Dinge zu lesen und die Entscheidung zu treffen, denn das ist das Wesentliche was weiterentwickelt werden soll. Wenn man dann merkt, dass man Chaos stiften kann, und daraus positive Aktionen entstehen und diese gelingen, weil man den Gegner aus dem Konzept und Rhythmus bringt, dann ist das gut. Wenn man das immer wieder wiederholen kann, umso besser. Der schwierige Prozess ist dann wieder alles einzufangen, neu zu lesen und zu sortieren, wenn die Aktionen nicht gelingen.
Mir ist wichtig den Jungs zu lernen gegen einen Gegner eingestellt zu sein und zu antizipieren, wie er gegen dich spielt. Das ist jede Woche neu und wird im Scoutingreport dezidiert angesprochen, um für den jeweiligen Gegner die richtige Lösung zu finden. Interessant ist, dass die zweite Halbzeit oft besser funktioniert als die erste, wenn man die Punkte immer wieder (Auszeit, Halbzeit) neu anspricht, wiederholt und konkretisiert. Das zeigt auch die gute Lernkurve trotz wenigen Trainings und dass wir echt einen Haufen talentierter Jungs in diesem Team haben, die das mit so wenigen Wiederholungen umsetzen lernen.
Was sind Deiner Meinung nach „die Rädchen“ an denen Du „drehen“ willst/musst, um die Mannschaft „stabiler“ zu machen? Worin müssen sich die Spieler noch verbessern?
Ich finde es relevant, dass man an diese Mannschaft einen anderen Maßstab setzen muss, als wenn man an ein BLteam denkt. Dass die Spieler jung sind, liegt in der Natur der Sache und wir sind dazu da, dass junge Spieler einen Schritt nach vorne machen. Wenn ich die Mannschaft „stabiler“ machen wollen würde, müsste ich zwei große Spieler holen, aber das wollen wir ja nicht machen, weil wir unsere Jungs weiter entwickeln wollen. Dann brauchen wir bessere Entscheidungen, die beim sichereren Ballvortrag – und dem, wie wir in die Plays kommen – beginnen und bei den Entscheidungen im Korbabschluss aufhören. Insofern würde auch ein routinierter Pointguard Stabilität bringen. Wir haben uns aber für genau diese jungen Spieler bewusst entschieden, um sie eben dorthin zu bringen. Dazu brauchen wir aber Zeit, denn je öfter man in gewissen Situationen ist, desto besser sollten dann auch die Entscheidungen werden. Da müssen wir nun durch, das gehört zu diesem Prozess. Dass der Veränderungsprozess bei einem jungen Spieler, der gegen Profis spielt, nicht von einem Spiel zum nächsten gravierend anders aussieht ist klar und braucht eben Zeit.
Das Chaos ist trotzdem unser Freund, aber es ist auf alle Fälle unser Ziel, dass Veränderungen mehr und mehr sichtbar werden. Jede Minute Spielzeit birgt in sich wiederholende Spielsituationen zu kreieren und Fortschritte zu erzielen.
Ein Coach will sich auch immer weiter entwickeln. Wo geht Deine Reise hin, was sind Deine persönlichen Ambitionen? Bist oder warst du versucht hauptberuflich Trainer zu werden?
Meine Trainerarbeit war immer nebenberuflich, obwohl ich Angebote hatte auch hauptberuflich zu arbeiten. Ich fühlte mich allerdings zu diesem Zeitpunkt zu alt das Experiment noch zu wagen. Es ist immer mit Unsicherheit verbunden und im Trainerjob hat man nie Garantien. Was die Zukunft bringt, wird man sehen.
Aktuell bin ich glücklich, wo ich zurzeit bin, und hätte vor einem Jahr nicht gedacht, dass ich wieder so involviert sein werde. Es entspricht momentan meiner Lebenssituation sehr gut. Das Projekt macht Spaß, darum denke ich momentan gar nicht zu sehr in andere Sachen. Was mich trotzdem noch reizen würde wäre einmal die Chance mit einem Nationalteam unterwegs zu sein und mit dem Nachwuchs ein Turnier zu begleiten.
Ein herzliches Dankeschön für Deine Einblicke in Deinen neuen Aufgabenbereich!
#mögedieseübunggelingen
Eva Franke